Diagnostische Massnahmen bei Patienten mit Schmerzen nach Knieprothese
Das erste Gespräch mit dem Patienten
Das erste Gespräch in unserer Spezialsprechstunde "Die schmerzhafte Knieprothese" ist ein sehr wichtiges. Daher nehmen wir uns ausreichend Zeit, um alle Aspekte Ihrer Situation und Beschwerden eingehend zu erfassen.
Eine detaillierte Anamnese bildet neben der klinischen Untersuchung den Grundpfeiler jeder diagnostischen Abklärung. Ziel der Anamnese ist es, sich einen Einblick in den zeitlichen Verlauf der vier Hauptsymptome (Schmerz, Instabilität, Steifheit und Schwellung) zu verschaffen. Daraus ergeben sich bereits die ersten Verdachtsdiagnosen, die anschliessend im Verlauf der weiteren Diagnostik überprüft werden.
Die initial gestellte Indikation zur Implantation einer Knie-TP sollte in Frage gestellt werden, da es erwiesen ist, dass Patienten, die nur eine geringgradige Arthrose oder Osteonekrose
aufweisen, schlechtere Ergebnisse zeigen können. Könnte es sein, dass die nun beklagten Beschwerden schon vor der Knieprothesen-Operation so bestanden haben und eigentlich eine andere
Ursache
oder ein anderes Gelenk dafür verantwortlich waren?
Wichtige Unterlagen!
Folgende Unterlagen sollten Sie in die Sprechstunde mitbringen:
1. Alle vorhandenen Arzt- und Operationsberichte
2. Röntgenbilder, CT-Bilder, MRI-Bilder vor und nach der Operation (falls vorhanden)
3. Laborbefunde (falls vorhanden)
4. Prothesenpass (dieser gibt Auskunft über das verwendete Prothesenmodell)
Klinische Untersuchung
Die klinische Diagnostik ist der zweite Grundpfeiler der diagnostischen Abklärung.
Die in der Anamnese gewonnenen Informationen und Verdachtsdiagnosen gilt es nun zu überprüfen. Passt das klinische Bild zu der in der Anamnese gestellten Verdachtsdiagnose?
Die klinische Untersuchung lässt sich in Inspektion, Palpation und klinische Tests unterteilen.
Eine genaue Zusammenfassung der klinischen Untersuchung entnehmen Sie bitte der folgenden Publikation "Trotz Knietotalprothese schmerzt das Knie- was nun?", welche im Swiss Medical Forum erschienen ist (Schweiz Med Forum 2013;13(22):427–431).
Labor-Untersuchungen
Laboruntersuchungen kommen vor allem bei Verdacht auf eine Infektion zum Einsatz.
Im Blut lassen sich Entzündungswerte (z.B. CRP, weisse Blutkörperchen, Procalcitonin) untersuchen, allerdings sind diese nicht in allen Fällen einer Infektion positiv.
Flüssigkeit aus einer Punktion des Kniegelenkes, als auch Biopsien von Gelenksschleimhaut lassen sich mikrobiologisch auf Bakterien untersuchen. Dies gehört zur Standardabklärung bei Verdacht auf eine Infektion.
Röntgenaufnahmen
Konventionelle Röntgenaufnahmen in anterior-posteriorer und seitlicher Projektion geben einen ersten Einblick in die Stellung der Knieprothese. Diese ist allerdings so grob, dass nur sehr grobe Fehlpositionierungen hier erkannt werden können.
Weiterhin lassen sich hier eine Über- oder Unterdimensionierung der Prothese, Lockerungszeichen und der Typ der Prothese identifizieren.
Die Aufnahmen sollten immer belastet, also im Stehen durchgeführt werden. Neben den Standardaufnahmen sind unter Umständen auch zusätzliche Aufnahmen in Beugung notwendig.
Röntgen-Spezialaufnahmen
Gehaltene Röntgenaufnahmen sind bei Verdacht auf ein nicht stabiles Kniegelenk indiziert. Diese werden zur Evaluation der seitlichen und vorderen-hinteren Stabilität des Kniegelenkes durchgeführt.
Die Untersuchungen sollten immer im Seitenvergleich erfolgen.
Im Bild nebenan erkennen Sie eine laterale seitliche Instabilität des Kniegelenkes nach Knieprothesen-Operation. Ursache hierfür war die intraoperative Schädigung des Aussenbandes.
Druchleuchtung (Fluoroskopie)
Die Durchleuchtung hilft dynamische Probleme wie z.B. ein Einklemmen von Weichteilgewebe zwischen Prothesenkomponenten zu erkennen. Diese ist nur in speziellen Fällen angezeigt, kann aber sehr hilfreich sein.
Ultraschall
Der Ultraschall steht als ergänzende dynamische Untersuchungsmethode zur Verfügung. Sinnvoll ist dieser zur Beurteilung von Band- und Weichteilschäden um das Kniegelenk.
Insbesondere die Beurteilung des Streckapparates lässt sich sehr einfach mit dem Ultraschall durchführen.
Beurteilung der Position der Knieprothese im Schicht-Röntgen (CT)
Mit Hilfe der CT ist es möglich die Positionierung der Knieprothese in allen 6 Freiheitsgraden auszumessen. Die Messung der Prothesenposition erfolgt für die Unterschenkel- und Oberschenkel-Komponente getrennt und zusammen.
Die exakte Ausmessung der Prothesenposition ist mit Standardmethoden aktuell nicht möglich. Daher haben wir eine Spezialsoftware (OrthoExpert) entwickelt, die dies mit einer sehr hohen Genauigkeit (Messfehler 1°) möglich macht. Hierfür haben wir dieses Jahr den Swiss Quality Award 2013 im Bereich Technologie erhalten.
Knochenszintigrafie
Die konventionelle Knochenszintigrafie wurde durch die 3D-Szintigrafie (SPECT) und am besten in Kombination mit einem Schichtröntgen (CT) abgelöst.
Siehe SPECT/CT
Neuartige Diagnostik (SPECT/CT) führt zur Verbesserung der Diagnostik!
Die SPECT/CT ist eine Kombination aus 3D-Szintigrafie und Schichtröntgen (CT). Sie kombinert die Vorteile beider Verfahren in einer Bildgebung.
In unseren eigenen Untersuchungen konnten wir zeigen, dass die SPECT/CT besondere Vorteile in der Diagnostik von Lockerungen, Infektionen, Über- oder Unterdimensionierung als auch Fehlpositionierungen der Knieprothese gegenüber bisherigen Methoden hat. Aus diesem Grund haben wir die SPECT/CT als Standard bei Patienten mit Schmerzen oder Problemen nach Knieprothese mit Erfolg eingeführt.
Bis heute konnten über 250 Patienten mit Knieprothese von dieser neuen Diagnostk profitieren.
Magnetresonanztomografie (MRT, MRI)
Bis vor kurzem galt, dass ein MRI bei Patienten mit liegender Prothese keine sinnvollen Zusatz-Informationen über die Ursachen der Beschwerden liefern kann, da das Metall der Prothese zu ausgeprägten Streu-Artefakten führt.
Allerdings hat sich die Bildgebung hier entscheidend weiterentwickelt. Heute ist es mit bestimmten Metall-Artefakt-Reduktionssequenzen möglich, wichtige Zusatzinformationen bei Patienten mit Schmerzen nach Knieprothese zu erhalten.
Nebenan sehen Sie ein MRI bei liegender Knieprothese. Diese zeigt eine Lockerung der femoralen Prothesenkomponente.
Kniepunktion
Eine Kniepunktion bzw. Entnahme einer Biopsie von Gelenkschleimhaut ist zum Ausschluss einer Infektion unbedingt notwendig. Diese sollte unter sterilen Bedingungen im Operationssaal erfolgen.
Auch eine Punktion oder Spritze in das Kniegelenk sollte bei liegender Prothese niemals in der Sprechstunde, sondern nur im Operationssaal durchgeführt werden. Eine Infiltration mit Kortison sollte nur in Ausnahmefällen durchgeführt werden.
Allergie-Abklärung
Eine Allergie-Abklärung ist dann sinnvoll, wenn auch nach eingehender Diagnostik die Ursache der Beschwerden nach Knieprothese nicht sicher ausgemacht werden konnte.
Hierzu arbeiten wir sehr eng mit einem ausgewiesenen Experten im Bereich der Diagnostik und Therapie von Allergien auf Bestandteile von Knieprothesen (z.B. Zement, Metalle) zusammen.
Dieser Hautarzt führt dann bei Verdacht auf eine solche Allergie unterschiedliche Haut- und Spezialtests durch, um die Wahrscheinlichkeit einer Metall- oder Zementallergie besser einschätzen zu können.
Die Diagnosestellung und Wertung der Untersuchungsergebnisse erfolgt immer zusammen durch den Orthopäden und Hautarzt.